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Versetzungsantrag trotz Ortszuschlag – für Familien kaum vermeidbar

Eigentlich mag ich München sehr, besonders die Isar und den Westpark und mit meiner Schule, dem dortigen Kollegium und den Schülerinnen und Schülern am Wilhelmsgymnasium hätte ich es auch kaum besser treffen können. Und trotzdem habe ich einen Versetzungsantrag gestellt. Warum das so ist und wo ich Verbesserungsmöglichkeiten sehe, beschreiben die folgenden Zeilen.

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Ausgangslage

Seit mehr als 12 Jahren bin ich inzwischen in München und seit 9 Jahren wohne ich mit meiner besseren Hälfte und inzwischen auch mit meinem Sohn in einer tollen 56qm Zwei-Zimmer-Wohnung. Doch diese wird nun definitiv zu klein, sodass an einem Umzug kein Weg vorbei führt. Ich bin dabei nicht besonders anspruchsvoll, aber eigentlich brauchen wir 4, im Idealfall 5 Zimmer. Und damit sind wir dann am freien Mietmarkt bei ca. 2000 € Kaltmiete – Tendenz steigend. Staatsbedienstetenwohnungen und bezahlbare Wohnungen bei sozial ausgerichteten Vereinen oder Gesellschaften sind sehr rar. Beim Kaufen von Wohnraum dürfte es geschätzt (ohne mich hier wirklich informiert zu haben, weil finanziell unrealistisch) bei über einer Millionen, eher so 1,2 Millionen + x losgehen. Aber auch mit den sehr gesuchten Fächern Physik und Mathe bekomme ich als Lehrer in München eben „nur“ A13.

Regionalisierung der Familienzulage – die Idee

Genau dieses Problem der hohen Wohnkosten in Ballungsräumen soll der sog. Ortszuschlag reduzieren. Grundidee: In Regionen, wo das Leben besonders teuer ist, gibt es einen Zuschlag zum Gehalt, damit auch Stellen an diesen Orten attraktiv sind. Der Orts- und Familienzuschlag wurde gerade neu geregelt und ich zitiere mal das Bayerische Kultusministerium:

„[…] profitieren Sie – gerade im Ballungsraum München – von sehr guten Einstellungschancen und der Neuregelung des Orts- und Familienzuschlags, die in vielen Fallkonstellationen zu einer spürbaren Steigerung der Besoldung führt!“

(Quelle: https://www.km.bayern.de/lehrer/stellen/regionalpraemie.html; abgerufen am 04.05.2023

Ortszuschlag – Die traurige Realität

Da Lehrergehälter sehr transparent sind, kann man sich mit Hilfe von Gehaltsrechnern wie z.B. https://oeffentlicher-dienst.info ausrechnen, welche Auswirkungen der Wohnort auf das Gehalt hat. Mit A13, neuem Familienzuschlag bei einem Kind, meiner aktuellen Stufe 7, Steuerklasse IV und Kirchensteuer Bayern bleiben netto etwa 4125€, wovon noch etwa 400€ private Krankenversicherung für mich und den Nachwuchs abgehen. Natürlich kann ich bei dem Vergleichsnetto von 3725€ da auch 2000€ kalt irgendwie finanzieren. Aber ich bin eben auch Mathelehrer und mag Rechenspiele: In der niedrigsten Ortsklasse I bekäme ich etwa 4030€ raus, also sage und schreibe 95€ (!) weniger als in München. Das sind (gerechnet aufs Netto in München ohne PKV-Abzug) sensationelle 2,3% weniger. Damit folgt automatisch die Frage: „Was ließe sich mit 2000€-95€=1905€ an einem solchen Ort wohntechnisch finanzieren?“ Und die einfache Antwort ist: Definitiv deutlich mehr als in München, vielleicht sogar ein Arbeitszimmer. Die Gegenfrage dazu ist natürlich: „Gleicht München als Stadt diesen Unterschied wieder aus?“ Hierauf muss sicher jeder seine eigene Antwort finden.

Meine Schlussfolgerung

Für mich bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder einen besser bezahlten Job in der freien Wirtschaft suchen oder versuchen, den Ort zu wechseln. Und da ich das, was ich aktuell tue (ergänzt durch meine sonstigen Aktivitäten), sehr mag, es mir Spaß macht und ich auch immer wieder positives Feedback von Schüler:innen und Eltern bekomme, fällt mir die Entscheidung gerade leicht: Ich versuche den Ort zu wechseln und habe einen Versetzungsantrag gestellt. Mal sehen, wie groß der Lehrkräftemangel in Unterfranken tatsächlich ist oder ob der Mangel in München so groß ist, dass das Ministerium keine Versetzungsmöglichkeit sieht. Aber ich bin da erstmal ganz entspannt und warte ab, was passiert.

Verbeserungsmöglichkeiten

Meckern ist leicht, deswegen hier meine konkreten Verbesserungswünsche rund um den Versetzungsantrag, um den Lehrerberuf weiter attraktiv zu halten oder ihn zumindest im Vergleich nicht noch unattraktiver zu machen:

  • Der Ortszuschlag sollte so gestaltet werden, dass er die realen Wohnkosten deutlicher ausgleicht – aktuell ist das eher ein Witz und ich fühle mich bei so minimaler Regionalisierung fast etwas mehr auf den Arm genommen, als es ganz ohne Unterscheidung der Fall war.
  • Der Bedarf an allen Schulen sollte offener und transparenter kommuniziert werden, gerne auch ergänzt mit schulscharfen Stellenauschreibungen und Bewerbungsmöglichkeiten. Das würde zum einen eine echte Transparenz schaffen, wie groß der Lehrkräftemangel eigentlich ist, aber zum anderen würden Schulleitungen auch ansatzweise Möglichkeiten erhalten, Personal passend zu ihrem gewünschten Profil zu erhalten, was ja oft weit mehr umfasst, als nur die Unterrichtsfächer. Auch als Lehrkraft könnte man sich dann viel besser eine Schule oder ein Team suchen, dass zu einem passt. Ich denke, dass hätte für alle Seiten einen positiven Effekt und würde die Schulen besser machen.
  • Auch wenn es bei mir nicht passiert: Die Schulleitung kann tatsächlich einen Versetzungsantrag 1x, also für ein Jahr ablehnen. Gelegentlich, bei etwa 4,4% aller Fälle, kommt das auch vor (siehe Zahlen des BPV). Ehrlich: das ist doch nicht sinnvoll. Welche Leistung erwartet man von einem Mitarbeiter, der eigentlich weg will und dessen Wunsch aktiv verhindert wird? Bitte einfach streichen.

Buschprämie

Noch kurz ein paar Worte zur „Buschprämie“, offiziell Regionalprämie, von einmalig 3000€ die Bayern jetzt für Neueinstellungen (betrifft mich also nicht) in verschiedenen Gebieten, meist an den Grenzen in Nord- und Ostbayern, zahlt: Ich war ehrlich überrascht, dass München und das gesamte Oberland ein leerer Fleck ist, der Lehrkräftemangel also in München und Umgebung im Vergleich mit anderen Regionen gering zu sein scheint. Das kann ich mir nur dadurch erklären, dass nach dem Ref sehr viele Abgänger nach München wollen oder geschickt werden, um hier Lücken zu füllen. Aber mit Blick auf sinkende Abgängerzahlen könnte das schwieriger werden in den kommenden Jahren. Ansonsten bin ich sehr gespannt, ob so ein geringer Betrag (nicht mal ein Monatsgehalt) tatsächlich Auswirkungen hat, vor allem wenn sich die Bewerber klar darüber sind, dass es in Bayern kein Altersgeld gibt, also der Weg aus Bayern heraus (ohne Ländertauschverfahren) oder aus dem Lehrerberuf heraus schwierig bzw. sehr kostspielig ist.

Anmerkungen

Wie bereits erwähnt, ist das hier mein persönliches Bild was Wohnkosten usw. betrifft. Es kann sehr gut sein, dass jemand anderes zu einer anderen Einschätzung kommt, ob München die veranschlagten Wohnkosten durch seine Lebenesqualität und Angebote ausgleicht. Ganz anders sieht es natürlich auch aus, wenn man hier oder in gut pendelbarer Distanz Wohnraum geerbt hat. Trotzdem höre ich immer wieder, dass Lehrkräfte abwandern, weil das Wohnen in und um München mit Familie kaum bezahlbar ist. Wenn die Familie wächst, braucht man zum einen mehr Platz und zum anderen reduziert sich das Einkommen, weil i.d.R. mind. einer weniger arbeitet. Überspitzt: München ist ein Durchlauferhitzer für junge Lehrkräfte, in den nach dem Ref alle gesteckt werden, um ihn dann ziemlich bald (am Ende einer kompletten Lehramtsausbildung inkl. Ref ist man ja schon relativ alt) wieder zu verlassen. Für die Schulentwicklung hier ist das sicher keine einfache Herausforderung.

P.S.: Das war’s jetzt erstmal zu dem Thema von mir – Antrag ist gestellt und jetzt lasse ich mich überraschen, was passiert.

Auf der Suche nach einem neuen Wirkungskreis – doch wo?

Eigentlich mag ich München sehr, besonders die Isar und den Westpark und mit meiner Schule, dem dortigen Kollegium und den Schülerinnen und Schülern am Wilhelmsgymnasium hätte ich es auch kaum besser treffen können. Und trotzdem werde ich leider einen Versetzungsantrag stellen. Warum beschreibe ich vielleicht ein anderes mal ausführlicher. Kurz: Das Leben in München ist, wenn man hier keinen Wohnraum geerbt hat, aus meiner Sicht zu teuer für eine Familie mit einem A13-Gehalt. Also entweder anderen, besser bezahlten Job suchen (was sicher kein Selbstläufer, bei meiner Qualifikation aber auch nicht ausgeschlossen ist) oder den Ort wechseln. Da ich es aber mag, Kids die Faszination von MINT näher zu bringen, werde ich versuchen, den Ort zu wechseln.
Damit verbunden ist natürlich die Frage, wo es hingehen soll. Eine echt schwere Frage, vor allem, da man von außen in andere Schulen praktisch gar nicht reinschauen kann und es in Bayern auch (außer Schulleitung und Seminarlehrkräfte) keinerlei schulscharfe Stellenausschreibungen gibt. Man kann also trotz Lehrermangel und in der Politik kursierenden Ideen wie einer „Buschzulage“ selbst als Lehrkraft, die schon im System ist, gar nicht abschätzen, wo denn ein Bedarf für die eigenen Fächer besteht und wo, also in welcher Region oder an welcher Schule, ein Versetzungsantrag erfolgreich sein könnte. Bei einer Erfolgsquote der Versetzungsanträge von nur etwa 50% (Quelle: HPR) wären hier mehr Informationen schon wünschenswert, um gerade auch in Zeiten von Lehrkräftemangel eine anderweitige Abwanderung zu verhindern. Auch hat man vorab keinerlei Infos über die Entwicklungsmöglichkeiten an einer Schule, was Funktionsstellen angeht.
Man könnte also fast Dart auf eine Bayern-Karte spielen. Aber irgendwie wird es in ganz Oberbayern preislich kaum besser, was das Verhältnis von A13 zu den Wohnkosten angeht. Einzig Berchtesgarden oder Bad Reichenhall wären hier aus besonderen Gründen denkbar, aber das Grenzgängerleben ist erstmal verdammt kompliziert und abschreckend. Da ich ursprünglich aus Hessen und auch eher vom Land als aus der Stadt komme, sind die Rhön und alles am Main, also eigentlich ganz Unterfranken auf den ersten Blick attraktiv.
Aber wo genau? Und in welcher Reihenfolge Schulen angeben? Ich bin ziemlich unschlüssig. Ich mag kleinere Schulen, könnte mich aber auch gut als Seminarlehrer vorstellen, was nur in Würzburg oder Schweinfurt evtl. irgendwann möglich wäre. Ich bringe spezielle MINT- und IT-Expertise mit, fühle mich aber auch gerade an einem rein humanistischen Gymnasium sehr wohl…
Vielleicht muss es doch der Zufallsgenerator richten und am Ende entscheidet ja in Bayern ohnehin das Ministerium nach Bedarf, ob und wenn ja wohin ich denn versetzt werden könnte. Es werden auf jeden Fall spannende Wochen bis zum Schuljahresende.

Münchener Kita-Finder – Für mich ein völliger Flop

Vor einiger Zeit habe ich unter dem Titel „Lehr- und Fachkräftemangel – Auch die Folge fehlender Krippenplätzen“ schon mal über die Herausforderungen der Suche nach einem Betreuungsplatz für den Nachwuchs geschrieben. Heute möchte ich das ganze noch etwas vervollständigen:
Inzwischen sind seit dem gewünschten Betreuungsstart 6 Monate vergangen. Kontakte oder Nachrichten über den Kita-Finder zu allen 24 „Bewerbungen“ gab es keinen einzigen. Das Tool ist also aus meiner Sicht ein völliger Flop, der bei der Suche nach Kita-Plätzen praktisch gar nicht hilft. Als besonders frustrierend empfinde ich dabei, dass in keinster Weise irgendwelche Kriterien klar werden, nach denen Plätze vergeben werden, sondern das alles im dunklen Kämmerchen passiert. So stellt man sich schon immer mal wieder die Frage, was man denn für einen entsprechenden Kita-Platz hätte tun sollen? Hätten wir vielleicht einen Platz bekommen, wenn ich statt an einem staatlichen Gymnasium an einem städtischen arbeiten würde? Hätte wir vielleicht einen bekommen, wenn jemand von uns arbeitssuchend gewesen wäre anstatt schon einen Job zu haben? Hätten wir vielleicht einen bekommen, wenn der Nachwuchs Mädchen statt Junge gewesen wäre? Hätten wir sonst irgendeine Quote erfüllen müssen, um einen Platz zu bekommen? Sind Vollzeitplätze unattraktiv für die Anbieter? Braucht man Vitamin B, C(SU), S(PD) oder G(rüne), um einen Platz zu bekommen? Keine der Fragen bringt wirklich was, aber das intransparente System befeuert sie.
Mein Wunsch daher: Macht die Vergabekriterien (zumindest für 50% der Plätze) transparent oder verlost alternativ einfach die Plätze – das erscheint mir wesentlich faierer als das aktuelle System.
Übrigens kann die Stadt München noch nicht mal sagen, wieviele Eltern kein einziges Betreuungsangebot über den Kita-Finder bekommen – schon das zeigt, dass das Tool ein Flop ist und auch zur Planung und Nachfrageanalyse nur unzureichend genutzt wird.
Wie sieht jetzt konkret unsere Lösung aus? Wir haben bei den Stadt unseren Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung (Betreuung) geltend gemacht, was zumindest dazu führt, dass sich die Stadt etwas bemühen muss. Dabei haben wir insbesondere auch Großtagespflegen als akzeptiert angegeben. Nachdem erstmal nur Angebote für nur vormittags und Nachfragen, ob es denn nicht auch mit weniger Stunden gehen würde (Nein, gerade das geht eben nicht, wenn man nicht übermäßig in der Teilzeitfalle landen will), kamen, gab es dann ein Angebot für eine Großtagespflege in erreichbarer Entfernung. Hier dann das nächste „Highlight“, was Kinderbetreuung in München betrifft: Das Jugendamt als zuständige Stelle für Großtagespflegen weißt explizit darauf hin, dass sie ihrer Meinung nach den Trägern genug Förderung zahlt und man keine weiteren Verträge mit Zusatzkosten mit den Anbietern abschließen soll. Allerdings vermittelt das Jugendamt wissentlich sehr fleißig solche Plätze, da es auch praktisch gar keine Plätze mehr gibt, die nicht eine entsprechende Zusatzvereinbarung, also Zusatzkosten, erfordern. Und auch durch das Angebot eines solchen relativ teuren Platzes ist der Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung für die Stadt erfüllt. Wenn man es sich leisten kann, bekommt man so also einen Betreuungsplatz und zahlt dafür an die Stadt und an den Träger der Großtagespflege.
Das alles steht für mich in ziemlichem Widerspruch dazu, dass sich die Stadt München immer wie hier für ihre günstige Kinderbetreuung feiert – davon hätte man nämlich nur was, wenn man auch einen Platz hätte, wovon es einfach viel zu wenige gibt.