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Fortbildung Physik und Technik

In den vergangenen Tagen durfte ich zum ersten Mal an einer Lehrerfortbildung im Physikzentrum in Bad Honnef teilnehmen bzw. einen Beitrag dazu leisten. Bereits am Sonntagmorgen um kurz nach 8 Uhr bin ich in München aufgebrochen, um pünktlich zum Start der Veranstaltung im Physikzentrum zu sein. Schon beim ersten Anblick des Gebäudes stellte sich etwas Hogwarts-Atmosphäre ein und tatsächlich wird man immer wieder verzaubert: Vom Gebäude, dem drumherum, den (Experimental-)Vorträgen und den Workshops. Die Themen zähle ich jetzt nicht alle auf, aber von Elektromotoren, über Drohnen und Wasserraketen bis hin zu Science-Fiction-Rollen war alles dabei und alles war spannend, inspirierend und lehrrreich. Allerdings wird auch an vielen Stellen deutlich, dass der Lehrplan und der klassische Unterricht im 45 Minuten-Takt eine ziemliche Hürde darstellt. Vieles würde einfacher umsetzbar sein, wenn Schule mehr Freiraum bieten würde.
Ich selbst habe einen Workshop zu interaktiven und stummen Videos gehalten. Zunächst also die Relevanz von Videos deutlich gemacht, Herausforderungen aufgezeigt und dann die Vertonung von stummen Videos vorgestellt. Spannend ist immer wieder zu sehen, wie unterschiedlich die Ausstattungen und Settings in den verschiedenen Schulen sind, auch wenn die technische Ausstattung gefühlt besser wird (sagen auch die nicht repräsentativen Umfragen unter den Teilnehmern). Aber zum Glück gibt es ja hier eine Vielzahl an Varianten, wie man das Umsetzen kann und die Schüler:innen haben mit den meisten davon eigentlich kaum technische Probleme. Im zweiten Teil haben wir mit H5P und Lumi die Möglichkeiten von interaktiven Videos ausgelotet und natürlich auch gleich ausprobiert. Es waren zwei aktive, vielleicht etwas zu voll gepackte Stunden, aber es hat auf jeden Fall Spaß gemacht – mit und den vielen Teilnehmern. Die Folien dazu am Ende des Artikels.
Ansonsten sind die vielen Gespräche rundherum mit den Kolleginnen und Kollegen aus anderen Schulen und anderen Bundesländern immer sehr bereichernd – hier ist eben der große Unterschied zwischen einer Online-Fortbildung über 2 Stunden und einer Präsenzfortbildung von 4 Tagen. Dazu kommt man auch mit den Physikdidaktikern in einen tollen Austausch – ein Punkt, der mir im normalen Alltag oft etwas fehlt (wahrscheinlich, weil ich eben lange Teil dieser Bubble war).
Es war auf jeden Fall mal wieder schön unterwegs in Sachen Fortbildung zu sein und ich habe sicher auch selbst viele Anregungen mitgenommen, die ich in meinem Unterricht ausprobieren will. Jetzt geht es aber erstmal wieder 6 Stunden per Zug zurück nach München, sodass ich morgen früh wieder vor der Klasse stehen kann.

Lehr- und Fachkräftemangel – Auch die Folge fehlender Krippenplätzen

Immer wieder geht das Thema des Lehr- und Fachkräftemangels durch die Presse, der gerade im MINT-Bereich besonders gravierend ist und sich verschärft. Gerade heute wieder hat die SZ berichtet. Dabei kommt häufig auch die hohe Teilzeitquote zur Sprache – mal mit Bezug zu Erziehungszeit, mal ohne. Hier möchte ich auf ein Problem hinweisen, welches auf das gesamte System durchschlägt und das ich gerade am eigenen Leib erfahre: der Mangel an Krippenplätzen.

Die Ausgangssituation

Mein Kind, dass letzten März geboren wurde, soll eine Kindergrippe besuchen. Weil Plätze im Laufe des Jahres praktisch kaum zu bekommen sind, da ja fast nur Plätze frei werden, wenn ältere Kids in die Schule kommen, haben wir es so geplant, dass wir selbst 1 1/2 Jahre die Betreuung komplett übernehmen. Entsprechend suchen wir einen Krippenplatz für September. Die Platzvergabe für viele Kitas läuft hier in München über den KitaFinder+ der Stadt. Entsprechend haben wir dort bereits im September, also ein Jahr vor dem gewünschten Betreuungsbeginn entsprechene Anmeldungen getätigt und dabei eine Betreuungszeit angegeben, sie es uns ermöglichen soll einmal Vollzeit und einmal mindestens zu 75% zu arbeiten, gewünscht eher mehr. Angemeldet haben wir uns bei 24 Krippen die irgendwie mit dem Rad oder den Öffis vertretbar zu erreichen sind – wir waren also wirklich nicht wählerisch. Die offizielle Platzvergabe startete Mitte März.

Aktuelle Lage

Wir haben bis jetzt noch immer keinen Krippen-Platz und die Wahrscheinlichkeit noch einen in den gewünschten Krippen zu bekommen, ist natürlich drastisch gesunken. Über den KITA-Finder gab es bisher auch keinerlei weitere Informationen bis auf eine einzige Nachricht vom 5.5. die lautete, dass die Platzvergabe zügig liefe und weiter Plätze vergeben werden. Man erhält also keinerlei Informationen außer die schlechte Nachricht, dass wohl viele Plätze vergeben werden, aber man selbst noch immer keinen bekommen hat – über diese Kommunikation kann man sicher auch kritisch diskutieren. Zusätzlich haben wir jetzt bei der Elternberatung den Betreuungsbedarf angemeldet – vielleicht bringt das ja noch eine Lösung, auch wenn die Gespräche nicht gerade positiv stimmen. Einen aktiven Hinweis darauf und die damit verbundene offizielle Geltendmachung des Rechtsanspruches gab es nicht, auch wenn diese Meldung eigentlich drei Monate vor Beginn des Betreuungsbedarfs erfolgt sein muss.

Die kurzfristigen Folgen

  • Da die Kinderbetreuung ab September noch völlig unklar ist, ist es auch die berufliche Tätigkeit. Wer von uns in wie weit dem Arbeitsmarkt ab September wieder zur Verfügung steht und arbeiten kann, ist ungewiss. Sehr wahrscheinlich werden wir nicht beide wie gewünscht arbeiten können -> es fehlt eine Fachkraft.
  • Ich muss mich informieren, welche Möglichkeiten es z.B. im Beamtengesetz gibt, evtl. auch sehr kurzfristig mehr Zeit für die Kinderbetreuung zu haben.
  • Und ganz ehrlich: Aktuell ist das auch ein Gefühl der maximalen Kinderunfreundlichkeit. Gefühlt scheint es der Staat bzw. Bayern bzw. München gar nicht zu wollen, dass Eltern Vollzeit arbeiten können. Dann darf sich der Staat aber auch nicht über fehlende Lehr- und Fachkräfte beschweren.

Die langfristigen Folgen

  • Fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten machen den Weg zu mehr Gleichberechtigung und auch den Weg aus der Teilzeitfalle schwierig. Natürlich haben beide Ehepartner das gleiche Recht zu arbeiten und die gleichen Pflichten in der Haus- und Care-Arbeit. Aber am Ende muss man auch rechenen, was sich finanziell mehr lohnt. Und jedes einzelne Jahr, das man aus dem Job raus ist, macht vergrößert eine evtl. Einkommensschere noch, das Problem wächst also.
  • Die Bereitschaft etwas für einen Arbeitgeber/ein System zu geben, hängt maßgeblich auch damit zusammen, was man von ihm zurückbekommt. Gerade bei Lehrkräften ist das hier problematisch, da auf der einen Seite die Aufgaben in der Schule eher wachsen als weniger werden und z.B. Teilzeitmöglichkeiten eingeschränkt werden, man auf der anderen Seite aber (gefühlt?) wenig zurückbekommt – Mitte Juni noch immer keinen Krippenplatz für September. Da überlegt man schon, wie man dieses gefühlte Missverhältnis wieder in die Waage bringen kann.
  • Als sehr teure Stadt wird München ohne zwei Einkommen sehr unattraktiv. Wenn einem dies nicht ermöglicht wird, da es kein bezahlbares Betreuungsangebot für die Kinder gibt, bleibt als Alternative nur ein Ortswechsel.
  • Krippenplätze werden zu einem Standortfaktor und entscheiden auch mit über die Wahl des Arbeitgebers. Für mich bedeutet das ganz konkret zweierlei:
    1. Ich überlege, wohin es sich lohnt einen Versetzungsantrag zu stellen oder auch das Land / Bundesland zu wechseln, um eine bessere Kinderbetreuung zu erhalten, sodass sowohl meine Frau als auch ich die Möglichkeit auf eine Vollzeitstelle haben.
    2. Ich überlege, ob ich nicht aktiver auch außerhalb des Lehrerberufes Jobchancen sehen z.B. bei Firmen, die eine Firmenkita haben, oder die in einer Gegend liegen, wo es Krippenplätze gibt.

Lösungsvorschläge

Natürlich ist es jetzt einfach hier zu schreiben, dass wir einfach nur dafür sorgen müssen, das es genug Krippenplätze bzw. Erzieher*innen gibt (oft ist aktuell das Personal der limitierende Faktor). Aber im Grunde ist das, neben gesteigertem Zuzug aus dem Ausland, die einzige Lösung, um dem Fachkräftemangel, der auf breiter Front droht bzw. schon existiert, entgegenzuwirken – gerade für Lehrkräfte, deren Arbeitszeit zu guten Teilen in Präsenz und zu einem fixen Zeitrahmen, nämlich vormittags zwischen 8 und 15 Uhr stattfindet. Ich persönlich könnte mir als Nachteule auch andere, kreative Modelle der Betreuung vorstellen, aber wenn ich unterrichte kann ich meinen Sohn nicht betreuuen.
Grundsätzlich habe ich aber das Gefühl, dass wir als Gesellschaft noch immer nicht verstanden haben, was es bedeuetet, wenn wir den Erzieher-Beruf nicht stärker wertschätzen und welche Folgen das z.B. auf den Fachkräftemangel hat. Wenn wir beide Elternteile als Fachkräfte brauchen, dann muss auch die Kinderbetreuung gesichert sein und die Krippenplatzvergabe kein Lotteriespiel mit schlechten Chancen.

Ein Wort zu Teilzeit allgemein

Zum Abschluss noch ein paar Worte generell zur Teilzeit im Lehrerberuf. In Artikeln in der Presse und in Äußerungen von Politikern zum Lehrkräftemangel wird auch immer wieder auf Lehrkräfte verbal „eingeprügelt“, die auch außerhalb von Erziehungs- oder Pflegezeiten nur in Teilzeit arbeiten wollen oder können. Für mich ist das eine sinnfreie Randdiskussion, die am Ende nur dazu führt, dass das Berufsfeld Lehrer noch unattraktiver für den Nachwuchs wird. Der Staat hat den Wandel in der Arbeitswelt bzw. eher bei den potentiellen Bewerbern offenbar noch immer nicht verstanden: Viele gute Leute wollen Flexibilität und eine gute Work-Life-Balance. Passt die nicht, macht die junge Generation (oder eher Teile davon) eben was anderes, auch weil sie selbst flexibel ist und weniger Angst vor Brüchen im Lebenslauf hat. Der Fachkräftemangel spielt ihnen dabei in die Karten und der Staat muss sehen, wie er im Konkurrenzkampf um kluge Köpf vor allem im MINT-Bereich mithalten kann – ein flexibles Stundendeputat wäre dabei sicher ein Plus, stark eingeschränkte Teilzeitmöglichkeiten ein dickes Minus.

Elternzeit – Ein Mini-Rückblick

Seit vergangenen Montag ist meine Elternzeit leider wieder zu Ende und die Schule hat mich wieder ganz eingeholt. Zwischendurch hat mich nur das Mathe-Abi ziemlich beschäftigt, aber dazu schreibe ich heute nichts. Ich will nur kurz festhalten, dass es definitv eine sehr richtige Entscheidung war Elternzeit zu nehmen, auch wenn das im Kontext Schule zu verschiedenen Herausforderungen führt (siehe letzten Eintrag). Aber am Ende ist das eine Zeit mit dem Nachwuchs oder auch mit der gesamten Familie, die nie mehr wieder kommt und hier darf das Private durchaus mal ganz klar im Vordergrund vor dem Schulischen stehen, da einem Rücksicht im System sowieso kaum gedankt wird.
Es hat zu Beginn der Elternzeit natürlich etwas gedauert, bis ich mich gedanklich etwas von der Schule gelöst habe, aber dann habe ich doch ziemlich gut Abstand gewonnen – natürlich auch weil ich anderweitig gut eingespannt und viel unterwegs war. Insgesamt hatte mein Kopf in den vergangenen Wochen wirklich viel Zeit um voll und ganz bei der Familie zu sein. Auch hat mir das Timing der Elternzeit geholfen die Thematik von Schule und Corona etwas bei Seite zu schieben, da mich das Ende von Test- und Maskenpflicht nicht im vollen Klassenzimmer berührt hat. Und wenn man nur mit seiner kleinen Familie unterwegs ist und wenig sonstige Kontakte hat, dann entspannt das ziemlich 🙂
Kurz: Es war alles super genau so, wie es war und ich habe die Zeit wirklich genossen. Daher kann ich es jedem nur empfehlen wenn es finanziell irgendwie geht, mindestens zwei Monate Elternzeit zu nehmen und das Aufwachsen und die Familie noch mehr und noch enger mitzuerleben – dieses Erlebnis ist unbezahlbar.