So, heute ist an meiner Schule Notenschluss. Es müssen also alle Noten gemacht und eingetragen sein, sodass dann die Klassenkonferenzen nächste Woche in Ruhe tagen und die abschließenden Entscheidungen treffen können. Entsprechend arbeitsintensiv waren die letzten Wochen. Ich hatte nach den Pfingstferien noch drei Schulaufgaben fertigzumachen und rauszugeben (als Refi kann man die ja immer erst nach Rücksprache mit dem Betreuungslehrer fertigmachen), dann standen noch zwei Stegreifaufgaben an und die letzten Seminartage für das Halbjahr mussten auch noch abgearbeitet werden. Dazu kam dann noch das ganze Alltagsgeschäft mit Unterrichtsvorbereitung, Experimentvorbereitung (soweit man mit der Sammlung überhaupt experimentieren kann), Rechenschaftsablagen, Mitarbeitsnoten, Einfordern der Schulaufgaben und Exen (nervig!), Fachsitzungen und und und. Entsprechend viel Zeit forderte das Ref in den letzten Wochen, sodass ich hier kaum zum Schreiben kam, obwohl es einiges zu schreiben gegeben hätte. Daher jetzt 10 Punkte aus den letzten Wochen:

1. Ich finde es total nervig Schulaufgaben und Exen hinterherzulaufen und die einsammeln zu müssen. Das kostet immer 2 Minuten meiner Unterrichtszeit. Nächstes Halbjahr werde ich versuchen das anders zu lösen und sehr strikt zu handhaben.
2. In Mathe mindestens vier Stegreifaufgaben im Schuljahr schreiben zu müssen, finde ich ganz schön viel Prüfungsstress. Ja, manche Klassen brauchen das sicher, aber bei manchen würde man auch mit weniger auskommen.
3. Ich finde es traurig, dass es offensichtlich immer noch nicht völlig normal ist, Schulaufgaben und Stegreifaufgaben irgendwo digital zu sammeln und zu teilen. Ich kann das so gar nicht nachvollziehen und sehe das mangelnde Teamwork als riesiges Problem! Lehrer erfinden jeden Tag wieder das Rad neu oder versuchen es zumindest, dass ist nicht geschickt, vor allem da ja aktuell ganz viele andere Dinge auf der Agenda stehen (z.B. digitale Transformation), die Zeit benötigen.
4. Noten machen kann ganz schön hart sein, vor allem dann, wenn es um 4, 5 und 6 geht! Hier ist es manchmal gar nicht so einfach objektiv zu sein und doch die pädagogischen Spielräume gewinnbringend für die Entwicklung der Lernenden zu nutzen. Reichen die Anstrengungen der letzten Wochen noch für eine schwache 4 und motiviert diese Note den Lernenden am Ball zu bleiben und so weiter zu machen oder muss man aufs ganze Jahr gesehen doch zu dem Schluss kommen, dass es eine 5 ist und man hofft, dass das motiviert im nächsten Jahr direkt von Anfang an Gas zu geben? Schwierig und wahrscheinlich gibt es darauf oft keine passende Antwort.
Und dann gibt es auch noch die Entscheidungen, die Schulkarieren verändern. Auch nicht einfach, doch manchmal nicht zu vermeiden. Manchmal nur bedauernswert, dass nicht bereits früher eine Reisleine gezogen wurde, wo die Optionen noch größer gewesen wären.
5. Digitaler Einzelkämpfer zu sein, ist manchmal ganz schön anstrengend und erfordert immer wieder Selbstmotivation und Idealismus. Wenn die Lernenden nur einmal in der Woche Mebis nutzen, dann ist natürlich klar, dass sie relativ regelmäßig ihr Passwort vergessen und man z.B. in der Schule dann nur beschränkt darauf zurückgreifen kann. Aber nervig ist es trotzdem. Und wenn die Schüler feststellen, dass auch „digitale Arbeit“ Arbeit ist, dann reduziert sich die Begeisterung von einigen auch schon deutlich. Auch hier würde übrigens Teilen sehr viel helfen…
6. Oh, dann stand natürlich noch ein Unterrichtsbesuch vom Schulleiter an und der kam dann völlig überraschend in einer Stunde, in der ich niemals damit gerechnet hätte: Mathe Intensivierung in der 5. Klasse. Ja, ich sage mal so: war jetzt nichts Spektakuläres, aber immer wieder verrückt zu sehen, wie brav schon die 5er sind, wenn plötzlich der Schulleiter mit im Klassenzimmer sitzt. Besonders positiv bleibt mir vom Feedbackgespräch hängen: Egal, wie deine Unterrichtsbesuche laufen und benotet werden, ich habe das Gefühl, dass du im richtig Job bist, weil du sehr gut, offen und freundlich mit den Kindern umgehst und ihnen sehr zugewandt bist. Auch die Aufforderung immer mal wieder Dinge auszuprobieren und auch mal zu scheitern, fand ich super!
7. Das Rätselraten um meinen neuen Mathematikseminarlehrer geht weiter. Der Flurfunk vermeldet, dass sich niemand auf die Stelle beworben hat. Ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll.
8. Was mich total stört am bayerischen Referendariat ist, dass man ständig die Schule und damit praktisch den Ort wechseln muss und es sehr viel vom Faktor Glück abhängt, wo man den hinkommt. Selbst hat man faktisch kaum Einfluss. Für Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf ist das nicht so toll. Anders ausgedrückt: die Work-Life-Balance kann grenzwertig werden.
9. Und ein weiteres negatives (eigentlich kaum fassbares) „Highlight“ zum bayerischen Referendariat, zumindest dann, wenn man von außerhalb Bayerns kommt bzw. sein erstes Staatsexamen nicht an einer bayerischen Uni abgelegt hat: Man bekommt für die Einordnung in die Notenliste, nach der die Einstellung erfolgt, einfach einen Malus in nichtgenannter und variabler Höhe auf die Note des 1. Staatsexamens. Verrückt. Aber dem Thema werde ich einen eigenen Beitrag widmen, wenn ich mehr Infos habe.
10. Aber zum Abschluss dann noch ein positives Highlight: Ich habe mit meinen 9ern ein klassisches Eggrace gemacht, wo mit Strohhalmen, Luftballons, Frischhaltefolie und Tape ein rohes Ei so zu sichern war, dass es möglichst langsam aus dem 2. Stock auf den Betonboden darunter fällt und auch den Aufprall gut übersteht. Hier waren nahezu alle Lernenden fleißig dabei beim Planen und Basteln und es entwickelten sich wieder einige unterschiedliche Ideen, die aber insgesamt durchaus kreativ waren. Alle waren gespannt und skeptisch, ob ihre Konstruktion denn funktionieren würde. Positive Überraschung: Alle Eier haben überlebt und einige Konstruktionen hätte man sicher auch aus dem 10. Stock werfen können und sie hätten das Ei sicher auf den Boden gebracht. Für solche Dinge werde ich mir auch in Zukunft Zeit nehmen, denn ich bin mir sicher, dass das Eggrace das eine Ding ist, an das sich alle Lernenden auch noch nach den Sommerferien (und vielleicht auch etwas länger) erinnern werden.