AuthorStefan

Probeunterricht zum Übertritt ans Gymnasium

Letze Woche fand der Probeunterricht zum Übertritt ans Gymnasium statt. Wer nicht weiß, was das ist, der kommt aller Wahrscheinlichkeit nach nicht aus Bayern und hat daher auch noch nie vom Grundschulabitur gehört. Und dieser Begriff ist kein Witz, sondern bitterer Ernst für die 10- oder 11-jährigen. Daher kurz zur Erklärung: Aufs Gymnasium können nur die, die im Übertrittszeugnis einer staatlich oder staatlich anerkannten Grundschule in Deutsch, Mathe und Heimat- und Sachkunde einen Notenschnitt von 2,33 oder besser haben. Alle anderen, also die mit schlechterem Schnitt oder die von einer „nur“ staatlich genehmigten Grundschule kommen, müssen am sog. Probeunterricht am Gymnasium teilnehmen. Wobei der Begriff „Unterricht“ hier eine völlig falsche Realität suggeriert. Eigentlich müssen die Kinder drei kurze Vormittage lang fast Prüfungen absolvieren.
Ich hatte dieses Jahr zum ersten Mal das Vergnügen an diesem Probeunterricht teilzunehmen bzw. ihn zu gestalten. Passt eigentlich ganz gut, weil ich inzwischen meinen Erfahrungsschatz im Umgang und der Arbeit mit der Unterstufe ausgebaut habe.

Der Ablauf

Dienstag ging es los mit der Begrüßung und einem langsamen Ankommen – schließlich sind alle ziemlich aufgeregt, alles ist neu und unbekannt und irgendwie wissen ja auch alle um die Bedeutung des Probeunterrichts bzw. messen ihm alle selbst eine stark überhöhte Bedeutung zu (das das Gymnasium nicht immer das non plus ultra ist und z.B. für NaWi-Interessierte die FOS13 vielleicht viel sinnvoller ist, führe ich ein anderes mal weiter aus). Nach jeweils 15 Minuten Einführungen müssen die Schülerinnen und Schüler dann verschiedene, zentral erstellte Tests in Deutsch (4 Stück) und in Mathe (2 Stück) bearbeiteten. Diese werden dann jeweils von zwei Lehrkräften nach einem eng vorgegebenen Muster bewertet und nach dem vorgegebenen Schlüssel bewertet. Die Ergebnisse in den Tests haben die doppelte Gewichtung zu der mündlichen Note, die Schülerinnen und Schüler im Rahmen der kurzen Unterrichtssequenzen, die am Freitag stattfanden, erreichen konnten. Hier hat man für Deutsch und Mathe je etwa eine Zeitstunde Raum, um im Rahmen eines kleinen Unterrichtsausschnittes mit viel Unterrichtsgespräch sind einen Eindruck über die Leistungsfähigkeit und die Auffassungsgabe der Schülerinnen und Schüler zu machen. Die Eindrücke von den je zwei verantwortlichen Lehrkräften führen dann zusammen zu einer mündlichen Note. Mit 3 und 4 hat man bestanden, mit 4 und 4 kann man per Elternwille ans Gymnasium und ansonsten ist man durchgefallen und kann in diesem Jahr nicht ans Gymnasium.

Die Aufgaben

Einen Überblick über die Matheaufgaben aus den letzten Jahren findet man auf den Seiten des ISB. Wer reinschaut wird feststellen, dass viele Aufgaben relativ textlastig sind. Das finde ich nicht toll, da ich ja für Mathe eigentlich nicht prüfen will, ob sie Infos aus Texten entnehmen können. Und gerade Schülerinnen und Schüler mit nicht Deutsch als Muttersprache (unter bestimmten Umständen gibt das nen Bonus beim Schnitt) und bei denen zu Hause nicht Deutsch gesprochen wird, haben hier einen echten Nachteil, was die Bildungssegregation weiter wachsen lässt.

Meine Kritik

Zunächst verstehe ich nicht, warum die schriftlichen Prüfungen an einer neuen Schule vor unbekannten Lehrkräften stattfinden müssen. Das könnte aus meiner Sicht genau so an den Grundschulen vor Ort stattfinden – dann wäre der Druck in der Situation vielleicht nicht ganz so groß für die Kinder. Gleichzeitig wäre dann vielleicht mehr Raum für eine längere Unterrichtssequenz, sodass der Begriff „Probeunterricht“ zumindest seinem Namen gerechter werden würde. Aber eigentlich mag ich das ganze Konzept nicht. Das hat aus meiner Sicht nichts mit pädagogisch verantwortungsvollem Handeln zu tun, sondern ist fast ein reines Prüfen der aktuellen, situativen Leistungsfähigkeit. Wie soll ich bitte nach 3 kurzen Tagen, wovon nur 2-3 Zeitstunden Unterrichtsgespräch sind, halbwegs valide abschätzen können, ob jemand fürs Gymnasium geeignet ist oder nicht? Ich tue mich da ehrlich selbst nach 9 Monaten intensivem Matheunterrichts in meiner eigenen Klasse schwer und bin mir immer bewusst, dass sich Leistungen, aus welchen Gründen auch immer, innerhalb von einem Schuljahr stark verändern können – sowohl nach oben als auch nach unten. Natürlich muss der Probeunterricht zwar keine Entscheidung für immer sein, aber ehrlich: Ich glaube die Grundschullehrkräfte, die die Kinder oft vier Jahre lang begleitet haben, können viel besser einschätzen, welche Schulform zum jetzigen Zeitpunkt die richtige für ein Kind ist. Auch finde ich den Druck, dem die Kinder hier ausgesetzt werden, wirklich übertrieben und ich möchte nicht mit ihnen tauschen müssen. Und abschließend: Natürlich hängt ein Erfolg beim Probeunterricht oft auch von dem Bildungsniveau der Eltern ab. Gerade da die Aufgaben der letzten Jahre bekannt sind, sind einige der Kids hiermit besonders trainiert (von den Büchern und Nachhilfeangeboten zu dem Thema ganz zu schweigen), andere eher weniger. Die Einschätzung, ob das Ergebnis dann noch valide was über die individuelle Eignung fürs Gymnasium aussagt, überlasse ich jedem selbst.
Kurz: Ich bin vom Probeunterricht in der jetzigen Form nicht überzeugt und hätte viel mehr Vertrauen in die Einschätzungen der Grundschullehrkräfte. Auch sollten wir den Eltern früher klar machen, dass es viel mehr als einen Weg zum Abitur gibt und den Blick auf das Wohl des Kindes lenken. Auch mal Erfolge zu haben und nicht ständig und überall schlechte Noten zu bekommen ist für viele Kinder oft motivierender und lernförderlicher als x Stunden Nachhilfe. Und Ideen, wie die Durchlässigkeit von Realschule zu Gym besser werden kann, bräuchte es auch. Die existiert nämlich im Laufe der Mittelstufe gefühlt quasi nicht.

Versetzungsantrag trotz Ortszuschlag – für Familien kaum vermeidbar

Eigentlich mag ich München sehr, besonders die Isar und den Westpark und mit meiner Schule, dem dortigen Kollegium und den Schülerinnen und Schülern am Wilhelmsgymnasium hätte ich es auch kaum besser treffen können. Und trotzdem habe ich einen Versetzungsantrag gestellt. Warum das so ist und wo ich Verbesserungsmöglichkeiten sehe, beschreiben die folgenden Zeilen.

Family

Ausgangslage

Seit mehr als 12 Jahren bin ich inzwischen in München und seit 9 Jahren wohne ich mit meiner besseren Hälfte und inzwischen auch mit meinem Sohn in einer tollen 56qm Zwei-Zimmer-Wohnung. Doch diese wird nun definitiv zu klein, sodass an einem Umzug kein Weg vorbei führt. Ich bin dabei nicht besonders anspruchsvoll, aber eigentlich brauchen wir 4, im Idealfall 5 Zimmer. Und damit sind wir dann am freien Mietmarkt bei ca. 2000 € Kaltmiete – Tendenz steigend. Staatsbedienstetenwohnungen und bezahlbare Wohnungen bei sozial ausgerichteten Vereinen oder Gesellschaften sind sehr rar. Beim Kaufen von Wohnraum dürfte es geschätzt (ohne mich hier wirklich informiert zu haben, weil finanziell unrealistisch) bei über einer Millionen, eher so 1,2 Millionen + x losgehen. Aber auch mit den sehr gesuchten Fächern Physik und Mathe bekomme ich als Lehrer in München eben „nur“ A13.

Regionalisierung der Familienzulage – die Idee

Genau dieses Problem der hohen Wohnkosten in Ballungsräumen soll der sog. Ortszuschlag reduzieren. Grundidee: In Regionen, wo das Leben besonders teuer ist, gibt es einen Zuschlag zum Gehalt, damit auch Stellen an diesen Orten attraktiv sind. Der Orts- und Familienzuschlag wurde gerade neu geregelt und ich zitiere mal das Bayerische Kultusministerium:

„[…] profitieren Sie – gerade im Ballungsraum München – von sehr guten Einstellungschancen und der Neuregelung des Orts- und Familienzuschlags, die in vielen Fallkonstellationen zu einer spürbaren Steigerung der Besoldung führt!“

(Quelle: https://www.km.bayern.de/lehrer/stellen/regionalpraemie.html; abgerufen am 04.05.2023

Ortszuschlag – Die traurige Realität

Da Lehrergehälter sehr transparent sind, kann man sich mit Hilfe von Gehaltsrechnern wie z.B. https://oeffentlicher-dienst.info ausrechnen, welche Auswirkungen der Wohnort auf das Gehalt hat. Mit A13, neuem Familienzuschlag bei einem Kind, meiner aktuellen Stufe 7, Steuerklasse IV und Kirchensteuer Bayern bleiben netto etwa 4125€, wovon noch etwa 400€ private Krankenversicherung für mich und den Nachwuchs abgehen. Natürlich kann ich bei dem Vergleichsnetto von 3725€ da auch 2000€ kalt irgendwie finanzieren. Aber ich bin eben auch Mathelehrer und mag Rechenspiele: In der niedrigsten Ortsklasse I bekäme ich etwa 4030€ raus, also sage und schreibe 95€ (!) weniger als in München. Das sind (gerechnet aufs Netto in München ohne PKV-Abzug) sensationelle 2,3% weniger. Damit folgt automatisch die Frage: „Was ließe sich mit 2000€-95€=1905€ an einem solchen Ort wohntechnisch finanzieren?“ Und die einfache Antwort ist: Definitiv deutlich mehr als in München, vielleicht sogar ein Arbeitszimmer. Die Gegenfrage dazu ist natürlich: „Gleicht München als Stadt diesen Unterschied wieder aus?“ Hierauf muss sicher jeder seine eigene Antwort finden.

Meine Schlussfolgerung

Für mich bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder einen besser bezahlten Job in der freien Wirtschaft suchen oder versuchen, den Ort zu wechseln. Und da ich das, was ich aktuell tue (ergänzt durch meine sonstigen Aktivitäten), sehr mag, es mir Spaß macht und ich auch immer wieder positives Feedback von Schüler:innen und Eltern bekomme, fällt mir die Entscheidung gerade leicht: Ich versuche den Ort zu wechseln und habe einen Versetzungsantrag gestellt. Mal sehen, wie groß der Lehrkräftemangel in Unterfranken tatsächlich ist oder ob der Mangel in München so groß ist, dass das Ministerium keine Versetzungsmöglichkeit sieht. Aber ich bin da erstmal ganz entspannt und warte ab, was passiert.

Verbeserungsmöglichkeiten

Meckern ist leicht, deswegen hier meine konkreten Verbesserungswünsche rund um den Versetzungsantrag, um den Lehrerberuf weiter attraktiv zu halten oder ihn zumindest im Vergleich nicht noch unattraktiver zu machen:

  • Der Ortszuschlag sollte so gestaltet werden, dass er die realen Wohnkosten deutlicher ausgleicht – aktuell ist das eher ein Witz und ich fühle mich bei so minimaler Regionalisierung fast etwas mehr auf den Arm genommen, als es ganz ohne Unterscheidung der Fall war.
  • Der Bedarf an allen Schulen sollte offener und transparenter kommuniziert werden, gerne auch ergänzt mit schulscharfen Stellenauschreibungen und Bewerbungsmöglichkeiten. Das würde zum einen eine echte Transparenz schaffen, wie groß der Lehrkräftemangel eigentlich ist, aber zum anderen würden Schulleitungen auch ansatzweise Möglichkeiten erhalten, Personal passend zu ihrem gewünschten Profil zu erhalten, was ja oft weit mehr umfasst, als nur die Unterrichtsfächer. Auch als Lehrkraft könnte man sich dann viel besser eine Schule oder ein Team suchen, dass zu einem passt. Ich denke, dass hätte für alle Seiten einen positiven Effekt und würde die Schulen besser machen.
  • Auch wenn es bei mir nicht passiert: Die Schulleitung kann tatsächlich einen Versetzungsantrag 1x, also für ein Jahr ablehnen. Gelegentlich, bei etwa 4,4% aller Fälle, kommt das auch vor (siehe Zahlen des BPV). Ehrlich: das ist doch nicht sinnvoll. Welche Leistung erwartet man von einem Mitarbeiter, der eigentlich weg will und dessen Wunsch aktiv verhindert wird? Bitte einfach streichen.

Buschprämie

Noch kurz ein paar Worte zur „Buschprämie“, offiziell Regionalprämie, von einmalig 3000€ die Bayern jetzt für Neueinstellungen (betrifft mich also nicht) in verschiedenen Gebieten, meist an den Grenzen in Nord- und Ostbayern, zahlt: Ich war ehrlich überrascht, dass München und das gesamte Oberland ein leerer Fleck ist, der Lehrkräftemangel also in München und Umgebung im Vergleich mit anderen Regionen gering zu sein scheint. Das kann ich mir nur dadurch erklären, dass nach dem Ref sehr viele Abgänger nach München wollen oder geschickt werden, um hier Lücken zu füllen. Aber mit Blick auf sinkende Abgängerzahlen könnte das schwieriger werden in den kommenden Jahren. Ansonsten bin ich sehr gespannt, ob so ein geringer Betrag (nicht mal ein Monatsgehalt) tatsächlich Auswirkungen hat, vor allem wenn sich die Bewerber klar darüber sind, dass es in Bayern kein Altersgeld gibt, also der Weg aus Bayern heraus (ohne Ländertauschverfahren) oder aus dem Lehrerberuf heraus schwierig bzw. sehr kostspielig ist.

Anmerkungen

Wie bereits erwähnt, ist das hier mein persönliches Bild was Wohnkosten usw. betrifft. Es kann sehr gut sein, dass jemand anderes zu einer anderen Einschätzung kommt, ob München die veranschlagten Wohnkosten durch seine Lebenesqualität und Angebote ausgleicht. Ganz anders sieht es natürlich auch aus, wenn man hier oder in gut pendelbarer Distanz Wohnraum geerbt hat. Trotzdem höre ich immer wieder, dass Lehrkräfte abwandern, weil das Wohnen in und um München mit Familie kaum bezahlbar ist. Wenn die Familie wächst, braucht man zum einen mehr Platz und zum anderen reduziert sich das Einkommen, weil i.d.R. mind. einer weniger arbeitet. Überspitzt: München ist ein Durchlauferhitzer für junge Lehrkräfte, in den nach dem Ref alle gesteckt werden, um ihn dann ziemlich bald (am Ende einer kompletten Lehramtsausbildung inkl. Ref ist man ja schon relativ alt) wieder zu verlassen. Für die Schulentwicklung hier ist das sicher keine einfache Herausforderung.

P.S.: Das war’s jetzt erstmal zu dem Thema von mir – Antrag ist gestellt und jetzt lasse ich mich überraschen, was passiert.

Auf der Suche nach einem neuen Wirkungskreis – doch wo?

Eigentlich mag ich München sehr, besonders die Isar und den Westpark und mit meiner Schule, dem dortigen Kollegium und den Schülerinnen und Schülern am Wilhelmsgymnasium hätte ich es auch kaum besser treffen können. Und trotzdem werde ich leider einen Versetzungsantrag stellen. Warum beschreibe ich vielleicht ein anderes mal ausführlicher. Kurz: Das Leben in München ist, wenn man hier keinen Wohnraum geerbt hat, aus meiner Sicht zu teuer für eine Familie mit einem A13-Gehalt. Also entweder anderen, besser bezahlten Job suchen (was sicher kein Selbstläufer, bei meiner Qualifikation aber auch nicht ausgeschlossen ist) oder den Ort wechseln. Da ich es aber mag, Kids die Faszination von MINT näher zu bringen, werde ich versuchen, den Ort zu wechseln.
Damit verbunden ist natürlich die Frage, wo es hingehen soll. Eine echt schwere Frage, vor allem, da man von außen in andere Schulen praktisch gar nicht reinschauen kann und es in Bayern auch (außer Schulleitung und Seminarlehrkräfte) keinerlei schulscharfe Stellenausschreibungen gibt. Man kann also trotz Lehrermangel und in der Politik kursierenden Ideen wie einer „Buschzulage“ selbst als Lehrkraft, die schon im System ist, gar nicht abschätzen, wo denn ein Bedarf für die eigenen Fächer besteht und wo, also in welcher Region oder an welcher Schule, ein Versetzungsantrag erfolgreich sein könnte. Bei einer Erfolgsquote der Versetzungsanträge von nur etwa 50% (Quelle: HPR) wären hier mehr Informationen schon wünschenswert, um gerade auch in Zeiten von Lehrkräftemangel eine anderweitige Abwanderung zu verhindern. Auch hat man vorab keinerlei Infos über die Entwicklungsmöglichkeiten an einer Schule, was Funktionsstellen angeht.
Man könnte also fast Dart auf eine Bayern-Karte spielen. Aber irgendwie wird es in ganz Oberbayern preislich kaum besser, was das Verhältnis von A13 zu den Wohnkosten angeht. Einzig Berchtesgarden oder Bad Reichenhall wären hier aus besonderen Gründen denkbar, aber das Grenzgängerleben ist erstmal verdammt kompliziert und abschreckend. Da ich ursprünglich aus Hessen und auch eher vom Land als aus der Stadt komme, sind die Rhön und alles am Main, also eigentlich ganz Unterfranken auf den ersten Blick attraktiv.
Aber wo genau? Und in welcher Reihenfolge Schulen angeben? Ich bin ziemlich unschlüssig. Ich mag kleinere Schulen, könnte mich aber auch gut als Seminarlehrer vorstellen, was nur in Würzburg oder Schweinfurt evtl. irgendwann möglich wäre. Ich bringe spezielle MINT- und IT-Expertise mit, fühle mich aber auch gerade an einem rein humanistischen Gymnasium sehr wohl…
Vielleicht muss es doch der Zufallsgenerator richten und am Ende entscheidet ja in Bayern ohnehin das Ministerium nach Bedarf, ob und wenn ja wohin ich denn versetzt werden könnte. Es werden auf jeden Fall spannende Wochen bis zum Schuljahresende.

Münchener Kita-Finder – Für mich ein völliger Flop

Vor einiger Zeit habe ich unter dem Titel „Lehr- und Fachkräftemangel – Auch die Folge fehlender Krippenplätzen“ schon mal über die Herausforderungen der Suche nach einem Betreuungsplatz für den Nachwuchs geschrieben. Heute möchte ich das ganze noch etwas vervollständigen:
Inzwischen sind seit dem gewünschten Betreuungsstart 6 Monate vergangen. Kontakte oder Nachrichten über den Kita-Finder zu allen 24 „Bewerbungen“ gab es keinen einzigen. Das Tool ist also aus meiner Sicht ein völliger Flop, der bei der Suche nach Kita-Plätzen praktisch gar nicht hilft. Als besonders frustrierend empfinde ich dabei, dass in keinster Weise irgendwelche Kriterien klar werden, nach denen Plätze vergeben werden, sondern das alles im dunklen Kämmerchen passiert. So stellt man sich schon immer mal wieder die Frage, was man denn für einen entsprechenden Kita-Platz hätte tun sollen? Hätten wir vielleicht einen Platz bekommen, wenn ich statt an einem staatlichen Gymnasium an einem städtischen arbeiten würde? Hätte wir vielleicht einen bekommen, wenn jemand von uns arbeitssuchend gewesen wäre anstatt schon einen Job zu haben? Hätten wir vielleicht einen bekommen, wenn der Nachwuchs Mädchen statt Junge gewesen wäre? Hätten wir sonst irgendeine Quote erfüllen müssen, um einen Platz zu bekommen? Sind Vollzeitplätze unattraktiv für die Anbieter? Braucht man Vitamin B, C(SU), S(PD) oder G(rüne), um einen Platz zu bekommen? Keine der Fragen bringt wirklich was, aber das intransparente System befeuert sie.
Mein Wunsch daher: Macht die Vergabekriterien (zumindest für 50% der Plätze) transparent oder verlost alternativ einfach die Plätze – das erscheint mir wesentlich faierer als das aktuelle System.
Übrigens kann die Stadt München noch nicht mal sagen, wieviele Eltern kein einziges Betreuungsangebot über den Kita-Finder bekommen – schon das zeigt, dass das Tool ein Flop ist und auch zur Planung und Nachfrageanalyse nur unzureichend genutzt wird.
Wie sieht jetzt konkret unsere Lösung aus? Wir haben bei den Stadt unseren Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung (Betreuung) geltend gemacht, was zumindest dazu führt, dass sich die Stadt etwas bemühen muss. Dabei haben wir insbesondere auch Großtagespflegen als akzeptiert angegeben. Nachdem erstmal nur Angebote für nur vormittags und Nachfragen, ob es denn nicht auch mit weniger Stunden gehen würde (Nein, gerade das geht eben nicht, wenn man nicht übermäßig in der Teilzeitfalle landen will), kamen, gab es dann ein Angebot für eine Großtagespflege in erreichbarer Entfernung. Hier dann das nächste „Highlight“, was Kinderbetreuung in München betrifft: Das Jugendamt als zuständige Stelle für Großtagespflegen weißt explizit darauf hin, dass sie ihrer Meinung nach den Trägern genug Förderung zahlt und man keine weiteren Verträge mit Zusatzkosten mit den Anbietern abschließen soll. Allerdings vermittelt das Jugendamt wissentlich sehr fleißig solche Plätze, da es auch praktisch gar keine Plätze mehr gibt, die nicht eine entsprechende Zusatzvereinbarung, also Zusatzkosten, erfordern. Und auch durch das Angebot eines solchen relativ teuren Platzes ist der Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung für die Stadt erfüllt. Wenn man es sich leisten kann, bekommt man so also einen Betreuungsplatz und zahlt dafür an die Stadt und an den Träger der Großtagespflege.
Das alles steht für mich in ziemlichem Widerspruch dazu, dass sich die Stadt München immer wie hier für ihre günstige Kinderbetreuung feiert – davon hätte man nämlich nur was, wenn man auch einen Platz hätte, wovon es einfach viel zu wenige gibt.

Dienstliche Beurteilung

Als verbeamtete Lehrkraft in Bayern wird man regelmäßig von seiner Schulleitung beurteilt. Regelmäßig bedeutet immer über einen Zeitraum von 4 Jahren hinweg. Der Zeitraum der Regelbeurteilung endete am 31.12.2022 mal wieder, sodass aktuell quasi alle verbeamteten Lehrkräfte in Bayern ihre Regelbeurteilung mitgeteilt bzw. eröffnet bekommen. Als jemand, der das gerade zum ersten Mal mitmacht, muss ich sagen: In der jetzigen Form ist das für mich eine unbefriedigende Form der Mitarbeiterführung und Zeitverschwendung (vor allem für die Schulleitungen). Warum? Das versuche ich in den folgenden Zeilen zu erläutern.

Sinn einer Beurteilung

Fangen wir mal mit der Frage nach dem Sinn an. Was soll eigentlich grundsätzlich der Sinn einer Beurteilung sein? Ich würde aus dem Bauch heraus antworten, die Beurteilung soll mich in die Lage versetzen, meine gezeigten Leistungen an einem Maßstab einzuordnen. Der Maßstab kann ein kriterialer sein, anhand dessen ich sehe, was gut ist, was passt und was ich besser machen kann. Er kann aber auch ein sozialer sein, der mir meine Leistung im Vergleich zu meinen Kolleginnen und Kollegen zeigt, oder ein individuller Maßstab, der meine persönliche Entwicklung bewertet und mir sagt, ob ich mich gut, gar nicht oder gar rückwärts entwickelt habe. Leider schafft die dienstliche Beurteilung in der aktuellen Form in meiner Wahrnehmung nichts hiervon.
Von der Idee soll es ja ein kriterialer Maßstab sein und das Ministerium versucht auch den Inhalt und den Maßstab der Bewertung festzulegen (siehe hier), doch das geht aus meiner Sicht ziemlich an der Realität vorbei. Wie bitte soll Unterrichtsplanung, Unterrichtsgestaltung und Unterrichtserfolg im Alltag valide, objektiv und reliabel bewertet werden? Das ist ausdrücklich keine Kritik an Schulleitungen, aber wie bitte soll das von einer Person für alle Fächer auf Basis von i.d.R. zwei zufälligen Unterrichtsbesuchen funktionieren? Das kann nicht gehen und das kann einfach niemand leisten. Natürlich haben Schulleitungen auch noch andere Informationsquellen, bekommen Feedback von Eltern und den Fachbetreuern, aber trotzdem! Ich kann bei vielen Physikstunden immer wieder kritisch reflektieren, ob die nun gut so waren oder ob es vielleicht anders besser gelaufen wären – eine klare Antwort darauf finde ich selten und ich habe in dieser Richtung promoviert. Auch müsste eine solche Bewertung an einem kriterialen Maßstab dazu führen, dass man konkret sagen könnte, hier an der Stelle hättest du es besser so machen sollen und wenn du in der Situation x das gemacht hättest, dann wäre deine Bewertung im Bereich y eine Stufe besser gewesen. Das schafft aber die Beurteilung akutell nicht (und sie erfolgt bei einer Beurteilungsperiode von 4 Jahren auch nicht zeitnah, wie es für gutes, wirksames Feedback notwendig wäre). Auch ist die Beurteilung sicher nicht objektiv – bei den ganzen weichen Kriterien und der subjektiven Beobachtung/Wahrnehmung durch unterschiedliche Schulleiter kann die Beurteilung sicher nicht objektiv sein.

Die komischen Beurteilungsstufen

Weiteres Problem sind die sieben Stufen, die (leider) wenig bis nichts mit den im Schulalltag allgegenwärtigen Notenstufen zu tun haben:

  • Leistung, die in allen Belangen von herausragender Qualität ist (HQ)
  • Leistung, die die Anforderungen besonders gut erfüllt (BG)
  • Leistung, die die Anforderungen übersteigt (UB)
  • Leistung, die den Anforderungen voll entspricht (VE)
  • Leistung, die den Anforderungen in hohem Maße gerecht wird (HM)
  • Leistung, die Mängel aufweist (MA)
  • Leistung, die insgesamt unzureichend ist (IU)

Schon bei dem mittleren VE erfüllt man alle Anforderung voll und trotzdem gibt es noch drei bessere Stufen? Was soll das? Das führt einfach nur dazu, dass in der Beurteilung kein negatives Wörtchen, kein bisschen Kritik oder keine Verbesserungspespektive stehen kann, weil dann würde man ja den Anforderungen gar nicht voll entsprechen. Wer auch immer sich das ausgedacht hat: Ich habe das Gefühl, dass die Angst vor auch nur der leisesten Kritik dafür gesorgt hat, dass hier die Beurteilung praktisch sinnlos wird und die Beurteilungstexte Lobhudelei werden. Warum nicht einfach 1-6?
Aus dieser komischen Konstruktion der Bewertungsskala folgt übrigens auch, dass die Beurteilung als intrapersoneller Vergleich nur wenig geeignet ist. Ich kann den ganzen Stufen zumindest nicht entnehmen, wie weit es z.B. von einem VE zu einem UB ist oder von einem UB zu einem BG. Auch die ganzen positiven Worte (nötig aufgrund der Konstruktion der Skala) helfen mir nicht, Entwicklungspotential und Ziele festzulegen. Dazu ist der Bewertungszeitraum von 4 Jahren hierfür wieder viel zu lange. In der freien Wirtschaft sind Feedback-Gespräche mind. in jährlichem Rhythmus üblich.

Fehlende soziale Einordnung

Und zu guter letzt noch das Problem, dass die Beurteilung leider auch nicht für eine soziale Einordnung der Leistung geeignet ist. Dazu müsste man nämlich wissen, wie die einzelnen Bewertungsstufen verteilt sind (oder zumindest verteilt sein sollen). Da ich aber weder weiß, wie die Verteilung schulweit noch bayernweit aussieht, kann ich mit meiner Bewertung hier rein gar nichts anfangen. Das einzige, was man so hört ist, dass die höchste Stufe HQ quasi gottgleich ist und eigentlich nicht vergeben wird (vielleicht mit Vitamin B oder in Bayern eher C) und die beiden unteren Stufen IU sowie MA auch sehr selten sind. Bleiben real nur noch vier Stufen, womit man auch über die Trennschäfte diskutieren kann. Zentraler ist aber die Frage, was eigentlich bitteschön dagegen spricht, die Verteilung der Stufen zu veröffentlichen. Gerne sowohl schulbezogen als auch bayernweit schulformbezogen und gerne auch getrennt nach Gehaltsstufen A13, A14, A15. Die Abiergebnisse werden ja schließlich auch bekannt gemacht. Das würde dann den ganzen Aufwand, der mit der Beurteilung für die Schulleitung verbunden ist, zumindest etwas rechtfertigen. Aber in der jetzigen Form ist das aus meiner Sicht einfach nur verschwendete Zeit und inhaltlich ziemlich sinnlos.

Vier abschließende Anmerkungen

  1. Ich bin mit meiner persönlichen Bewertung übrigens nicht unglücklich. Ich denke das passt schon, aber eigentlich kann ich aus all den genannten Gründen fast gar nichts sinnvolles damit anfangen. Und grundsätzlich ist es ja auch egal, denn welchen Einfluss hat die Regelbeurteilung schon? Man bekommt vielleicht irgendwie ein paar Monate früher die Regelbeförderung (ich habe da keine Ahnung von und auch keinen Zugang zum Beförderungsrechner, den der Phililogenverband anbietet), aber das wars auch schon. Für die Bewerbung auf externe Stellen wie Seminarlehrer erfolgt eh eine gesonderte Anlassbeurteilung.
  2. Natürlich stehen der Schulleitung noch weitere Instrumente der Personalführung zur Verfügung und auch in den entsprechenden Gesprächen wird – zumindest in meiner sehr begrenzten Erfahrung – einiges klarer und deutlicher als in der Beurteilung auf Papier, aber das macht den gesamten Prozess nicht sinnvoller oder nützlicher.
  3. Noch ein Aspekt, den man bei der Beurteilung (besonders bei Anlassbeurteilungen) kritisch sehen könnte: Was hat ein Schulleiter eigentlich für ein Interesse daran, seine guten Leute hier gut zu beurteilen? Dann haben die ja bessere Chancen auf den Job und sind mit höherer Wahrscheinlichkeit weg, was ein Verlust für die eigene Schule ist. Ich bin mir zwar sicher, dass die Schulleiter da trotzdem versuchen so neutral wie möglich zu beurteilen, aber eine tolle Sache ist das sicher trotzdem nicht (Und grundsätzlich muss man sich da nicht wundern, wenn die Gesellschaft den Eindruck gewinnt, dass wenig geeignete Leute einfach nur wegbefördert werden können).
  4. Immer mal wieder taucht ja (besonders von der FDP) die Forderung auf, Lehrkräfte nach Leistung zu bezahlen. Bitte, macht doch mal einen Vorschlag, wie die Leistung einer Lehrkräfte objektiv, reliabel und valide gemessen werden kann, was ja irgendwie die Grundlage für einen solchen Ansatz wäre. Auch wenn ich der Idee kritisch gegenüberstehe, bin ich gespannt auf die Ideen, weil diese vielleicht in einem ersten Schritt auch die dienstliche Beurteilung verbessern könnten. Oder man kommt zu dem Schluss, dass man sie in jetziger Form streicht und stattdessen auf regelmäßiges Feedback aus verschiedenen Quellen (Schulleitung, Kollegen, Lernende, Eltern) ersetzt.