AuthorStefan

Warum Projekte wie MUNDO für mich aktuell kein Fortschritt sind

Ich schiebe diese Zeile jetzt schon etwas vor mir her, aber mein erster wirklich eigener Kontakt mit dem Projekt veranlasst mich nun doch meine Gedanken niederzuschreiben, auch wenn ich mich nicht bis ins letzte Detail mit dem Projekt, der Plattform und den einzelnen Elementen beschäftigt habe. Hier fängt das Problem nämlich schon an: Was ist eigentlich das genau Ziel von Mundo und was ist der Vorteil für mich als Lehrkraft bzw. für mich als Anbieter von freiem Lernmaterial? Ich nehme irgendwie beide Rollen ein und in keiner der Rollen erschließt sich mir sofort der Sinn und Zweck. Das kann natürlich daran liegen, dass ich zu doof bin, ihn zu sehen. Vielleicht wird er aber auch nur mäßig gut kommuniziert – vielleicht sind Sinn und Zweck aber auch gar nicht so klar, außer mal ein paar positive Schlagzeilen zu erzeugen, dass die Bundesländer in der Schule mal ein Projekt gemeinsam angehen.

Blick aus der Lehrerperspektive

Was ich mir als Lehrkraft spontan für ein solches Portal vorstellen könnte ist,

  • dass sich dort nur OER Material findet, welches ich entsprechend weiternutzen kann – ist nicht der Fall, es finden sich Inhalte mit diversen Lizenz- und Rechtemodellen.
  • dass ich alles Material dort direkt in mein LMS einbetten kann – ist nicht der Fall, da der Ersteller sowas natürlich selbst festlegt
  • dass sich dort Inhalte ganz spezifisch zum jeweiligen Lehrplan finden – ist nicht der Fall (und natürlich auch nicht einfach zu realisieren)
  • dass eine langfristige Verfügbarkeit und Nutzbarkeit garantiert wird – hängt auch völlig vom Anbieter des Contents ab
  • dass die datenschutzrechtliche Nutzbarkeit der Materialien geprüft und gesichert wird – passiert auch nicht und ist sicher auch nicht ganz einfach leistbar.
  • dass neue, digitale Inhalte professionell erstellt und zur einfachen Nutzung freigegeben werden – leider auch nur ein Wunschtraum

Im Prinzip bleibt also gefühlt erstmal nur eine Alternative zu Google für Schulmaterial. Aber warum sollte ich das nutzen und nicht direkt die Google-Suche mit all ihren Möglichkeiten und ihrem noch größeren, internationalen Katalog? Außerdem wird Schule ja immer vorgeworfen, dass sie weit von der Lebenswelt der Schüler*innen entfernt ist. Dieser Trend wird gefühlt durch so eine Plattform noch gesteigert, denn ich gehe mal davon aus, dass kaum jemals eine Schülerin oder ein Schüler Mundo als Suche nutzen wird, wenn eine fachliche Frage für die Schule geklärt werden soll.
Kurz: Es werden viele Millionen in ein Projekt gesteckt, dessen – Achtung, ganz böses Wort – „Mehrwert“ – vielleicht sogar dessen Wert mir aus Lehrerperspektive nicht klar ist, während an anderen Stellen Geld für das nötigste fehlt. Weil das neulich auf Twitter so viral ging, nenne ich als Beispiel nur Kopiergeld.

Blick als kleiner Inhalts-Anbieter

Dann gibt es noch den Blick als kleiner (bzw. am Rande auch sehr großer) Contentanbieter auf das Projekt. Damit mein altes Herzensprojekt zu den virtuellen Experimenten online von anderen gefunden wird, muss ich nur bedingt etwas tun. Google erkennt schon von sich aus, was auf den Seiten ist und zeigt es bei der Suche mal mehr und mal weniger prominent an. Klar könnte ich jetzt Zeit oder Geld investieren und das ganze zu optimieren, aber da das ja ein freies Projekt ist, mit dem ich keinerlei Einnahmen erziele, verzichte ich hierauf. Und trotzdem wird es gefunden und genutzt. Inzwischen könnte ich es auch irgendwie bei MUNDO verschlagen – macht aber natürlich Arbeit, die ich dann als kleiner Anbieter nicht in Inhalte investieren kann. Bei großen Anbietern mit x Materialien läuft das über technische Schnittstellen. Die gefühlte Folge ist, dass große Contentanbieter aktuell deutlich überrepräsentiert sind. Hierbei besteht die Gefahr, dass das Angebot gut mithilfe von finanziellen Mitteln beeinflusst werden kann, wenn z.B. Bankenverbände Material zur Finanzbildung auf breiter Front bereitstellen, die Autoindustrie z.B. über Umweltschutzaspekte beim Verkehr informiert oder Energieunternehmen Material über Atomkraft liefern. Weiter scheint die FWU für SODIX und damit für MUNDO (durch Nutzer empfohlene) Inhalte manuell in den Katalog zu importieren. Auf diesem Wege werden vermutlich auch meine virtuellen Experimente irgendwann dort zu finden sein, aber der E-Mail-Verkehr dazu verstärkt meine Skepsis gegenüber dem Projekt. Die erste Mail war 85% Eigenwerbung und anschließend auch keine echte, klare Anfrage zur Einbindung oder so, sondern einfach nur unklares Gewäsch. Nach einer Antwort (Kernaussage: ich weiß eigentlich nicht, was ihr wollt und was ich euch antworten soll) dann etwas klarer, dass sie einzelne Abschnitte verlinken wollen und Screenshots machen. Allerdings mit mehreren Smilies in der Mail als würden wir uns kennen und wären beste Freunde, aber mit falschem Namen (nein, die Mail kam eher nicht von einem Praktikanten, zumindest trug der Name unter der Mail einen Dr.-Titel). Danach noch eine kurze Mail-Schleife, da ich die Bitte ein LMU-Logo zu liefern natürlich ablehnen musste. Ich vermute mal, jetzt werden da händisch von irgendwem irgendwelche Einträge in ihre Datenbank gemacht. Problem: Sobald ich einen Link ändere oder den Content auf eine andere Domain umziehe (wie z.B. im letzten Jahr weg vom Uni-Hosting), dann läuft das alles ins Leere und jemand mit Zugriff auf das System muss die Links manuell ändern oder die Einträge löschen. Das erscheint mir alles wie eine Link-Liste nur in modernem Marketing verpackt – da waren wir inhaltlich vor 20 Jahren mal und müssen leider inzwischen feststellen, dass viele alte Angebote nicht mehr funktionieren oder umgezogen sind. Wenn das ganze also auf Dauer funktionieren soll, dann wird es nur für große Contentanbieter funktionieren oder es wird ständig manuelle Bearbeitung brauchen, die viel Geld kostet, aber keine Inhalte schafft.
Gefühlt wird das alles sicher nicht dazu beitragen, dass Lehrkräfte plötzlich zu Content-Anbietern für MUNDO werden – vor allem weil natürlich Hosting usw. weiterhin Privatsache ist. Das mag vielleicht alles so gewollt sein, ist gerade im Bereich der Physik (und nur den kann ich ernsthaft einordnen) aber ein herber Verlust, da es hier doch eine ganze Reihe an kleinen, lehrergetriebenen Angeboten gibt, bei denen die Evaluation im eigenen Unterricht sehr deutlich wird.

Vielleicht ist mein Blick auf das Ganze aktuell auch zu negativ, ich habe mich einfach noch nicht genug mit Ideen, Konzepten und Möglichkeiten informiert (kann gut sein – ich habe nur wenige Artikel wie z.B. von Jöran dazu quergelesen) und die intensive Nutzung von tausenden Lehrkräften wird das Gegenteil zeigen. Das wäre auch völlig okay, aber im Moment sehe und fühle ich nur ein Angebot, welches am Bedarf vieler Lehrkräfte vorbeigeht.

Und damit das ganze hier auch noch konstruktiv wird, wiederhole ich meine Forderung, dass ein Teil des Budgets, was z.B. für Schulbücher ausgegeben wird, in die Entwicklung von OER-Inhalten (INHALTEN, nicht Plattformen) geht. Am liebsten in gemischte Teams aus Lehrkräften, Fachdidaktikern, Textern, Grafikern, Programmierern usw. Dann könnten da wirklich gute Inhalte herauskommen, die die Schule voranbringen, die Aufgabenkultur verändern und vernetzendes Lernen ermöglichen. Auch würde ein großer Pool an Material geschaffen, der Schüler*innen einfacher zu öffentlich sichtbaren Produzenten von Inhalten machen könnte, was aus meiner Sicht auch dringend nötig ist.

Toolbox für den NaWi-Unterricht – ONCOO

Digitale Werkzeuge spielen im naturwissenschaftlichen Unterricht eine immer größere Rolle. Allerdings schafft man es alleine kaum noch einen Überblick über alle Möglichkeiten und Weiterentwicklungen zu behalten. Wie gut, dass sich ein großes Team von Fachdidaktiker und digital affinen Lehrkräften unter der Führung der Joachim Herz Stiftung zusammengetan hat und schon 2018 eine Toolbox herausgegeben hat, die hier für Lehrkräfte einen guten Überblick gab und zum konkreten Ausprobieren einlud und anleitete. Aber die digitale Welt ist natürlich schnell und es kommen laufend neue Möglichkeiten hinzu, sodass es sehr zu meiner Freunde jetzt sowohl eine Aktualisierung der ersten Toolbox gibt, als auch ein zweiter Band der Toolbox erschienen ist.
Nachdem ich im ersten Band einen Beitrag zu Audience Responce Systemen geschrieben habe, findet sich in Band 2 ein Beitrag über das wunderbar bodenständige Tool ONCOO von mir. Das Tool ermöglicht ganz nach dem Motto „Aus der Schule für die Schule“ relativ einfach die digitale Unterstützung von kooperativen Lernmethoden wie Kartenabfragen, Lerntempo-Duett oder Platzdeckchen, bietet mit der Zielscheibe aber auch ein sehr flexibel einsetzbares Tool für Evaluation und Reflexion.
Am vergangenen Montag gab es dazu auch eine von der Joachim Herz Stiftung organisierte Online-Lehrerfortbildung, an der ich nicht nur teilnehmen, sondern auch einen der 14 Kurzimpulse über das von mir vorgestellte Tool machen durfte. Es war schön mal wieder eine überregionale Lehrerfortbildung aktiv mitzugestalten und in den Austausch zu kommen, da man sonst im Schulalltag immer nur in kleineren Kreisen über solche Dinge spricht (da fehlt mir manchmal das Unileben mit den Tagungen).
Die Folien der Präsentation gibt es hier zum Download:

Rückblick aufs Referendariat mit Abstand

Meine Fotosammlung erinnerte mich gestern daran, dass es jetzt ziemlich genau ein Jahr her ist, als mein Referendariat mit der Notenbekanntgabe zu Ende ging. Okay, offiziell ist es immer erst mit den Sommerferien vorbei, aber die letzten Wochen sind doch irgendwie entspannter und lockerer, da geht es den Referendaren so wie den Schüler*innen nach dem Notenschluss 🙂 Also irgendwie ein guter Zeitpunkt um losgelöst von jeglicher Kurzzeitvernebelung zurückzuschauen.
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Mini-Sonnenfinsternis

Im Physikunterricht kann man im Unterschied zu vielen anderen Fächern nicht gerade häufig Bezug zu tagesaktuellen Themen nehmen, die auch außerhalb der Wissenschafts-Community beachtet werden. Aber wenn es der Fall ist, dann versuche ich das immer irgendwie in den Unterricht einzubauen, auch wenn Klassen ganz unterschiedlich darauf reagieren. So habe ich dieses Jahr die Landung der beiden Rover auf dem Mars in meinem Unterricht besprochen. Erfreulicher Weise wurde das Ereignis im Falle von Perseverance auch von der NASA gut begleitet, sodass es kein Problem war, gute Grafiken und interessante Videos für die Schule zu finden. Und am Donnerstag stand ein weiteres solches Ereignis an: Die partielle Sonnenfinsternis. In München leider nur max. 6 %, also keine sonderlich spektakuläre Sache, aber doch so bedeutsam, dass man sie keinesfalls einfach verstreichen lassen kann. Also habe ich relativ spontan einen Sonnenfilter für das kleine Mini-Teleskop der Schule gebaut und eine Pappbrille entsprechend modifiziert, sodass die Beobachtung auch live geschehen konnte. Leider war das Wetter nur mittelmäßig und es gab doch einige Phasen, in denen die Sonne und damit auch die partielle Sonnenfinsternis von Wolken verdeckt wurde. Aber zwischendurch gab es doch auch einen guten Blick auf die Sonne mit dem kleinen schwarzen Mondbereich. Ich hoffe immer, dass solche Stunden länger in Erinnerung bleiben als normale Stunden. Auch wenn das vielleicht nur für einen (kleinen) Teil wirklich zutreffen dürfte, hat es sich trotzdem gelohnt. Und ein paar schöne Bilder sind auch dabei entstanden. Hier eines beim Blick durch das Mini-Teleskop mit einem Wolkenschleier:
Partielle Sonnenfinsternis

Mal wieder etwas Programmieren

Im normalen Schulalltag bleibt oft nicht gerade viel Zeit meine eigene Lernumgebung trotz der großen Nutzerzahlen Elektronenbahnen weiter zu entwickeln, Inhalte zu überarbeiten oder neue Dinge zu programmieren. Um so schöner war es, dass sich in der letzten Zeit gleich zweimal die Möglichkeit geboten hat, Inhalte aus dem Netz für meine Seite zu adaptieren und zu optimieren. So findet sich dort seit einigen Wochen schon eine Simulation eines Bainbridge-Massenspektrometers. Dieses hat in der Basisversion ein Referendar für eine Lehrprobe mit React programmiert und ich habe es für meine Bedürfnisse angepasst, adaptiert, verändert und optimiert. Das schöne dabei: Ich habe zumindest ein klein bisschen einen Einblick in die Programmierung mit React bekommen und sicher selbst viel neues gelernt. Und gleichzeitig bekommen jetzt die ganzen mathematischen Berechnungen für die Nutzer der Seite eine passende grafische Veranschaulichung. Dazu gibt es übrigens auch eine kontextorientierte Aufgabe zur Dopingprobe, die mithilfe der Simulation zu lösen ist. Definitiv eine Bereicherung für die Lernumgebung und auch auf LEIFIphysik zu finden.

Seit kurzem ist dazu auch noch eine Simulation eines Zyklotrons verfügbar, welches auf der Programmierung von Thomas Kippenberger basiert. Hier wiederum musste ich mich in die Programmierung bzw. Arbeit mit Vue3 einfinden, was ich zuvor auch noch nicht gemacht habe. Das war gleichzeitig ein sehr guter Anlass, um die ganze Programmierung meiner Lernumgebung mal von einem alten Dreamweaver zum aktuellen Visual Studio umzuziehen inklusiver Versionsverwaltung auf github. So bringt die Entwicklung von neuen Inhalten auch die technische Basis der vorhandenen Inhalte wieder ein Stück weiter in die Zukunft. Für mich sind also Inhalte bzw. der Wunsch, neue Inhalte gut nutzen zu können, der Antrieb für die technische Weiterentwicklung meiner Lernumgebung.

Ich hätte übrigens auch noch ganz viele weitere Ideen für Inhalte, Übungen und Aufgaben, die ich gerne umsetzen und in mein Angebot integrieren würde, aber mir fehlt aktuell ganz schlicht und einfach die Zeit. Die Webseite ist eben aktuell einfach nur ein Hobby, das neben der Zeit auch noch Geld für Hosting kostet. Aber naja, da gibt es vermutlich schrägere und kostspieligere Hobbies 😉