TagLehrerleben

Auf der Suche nach einem neuen Wirkungskreis – doch wo?

Eigentlich mag ich München sehr, besonders die Isar und den Westpark und mit meiner Schule, dem dortigen Kollegium und den Schülerinnen und Schülern am Wilhelmsgymnasium hätte ich es auch kaum besser treffen können. Und trotzdem werde ich leider einen Versetzungsantrag stellen. Warum beschreibe ich vielleicht ein anderes mal ausführlicher. Kurz: Das Leben in München ist, wenn man hier keinen Wohnraum geerbt hat, aus meiner Sicht zu teuer für eine Familie mit einem A13-Gehalt. Also entweder anderen, besser bezahlten Job suchen (was sicher kein Selbstläufer, bei meiner Qualifikation aber auch nicht ausgeschlossen ist) oder den Ort wechseln. Da ich es aber mag, Kids die Faszination von MINT näher zu bringen, werde ich versuchen, den Ort zu wechseln.
Damit verbunden ist natürlich die Frage, wo es hingehen soll. Eine echt schwere Frage, vor allem, da man von außen in andere Schulen praktisch gar nicht reinschauen kann und es in Bayern auch (außer Schulleitung und Seminarlehrkräfte) keinerlei schulscharfe Stellenausschreibungen gibt. Man kann also trotz Lehrermangel und in der Politik kursierenden Ideen wie einer „Buschzulage“ selbst als Lehrkraft, die schon im System ist, gar nicht abschätzen, wo denn ein Bedarf für die eigenen Fächer besteht und wo, also in welcher Region oder an welcher Schule, ein Versetzungsantrag erfolgreich sein könnte. Bei einer Erfolgsquote der Versetzungsanträge von nur etwa 50% (Quelle: HPR) wären hier mehr Informationen schon wünschenswert, um gerade auch in Zeiten von Lehrkräftemangel eine anderweitige Abwanderung zu verhindern. Auch hat man vorab keinerlei Infos über die Entwicklungsmöglichkeiten an einer Schule, was Funktionsstellen angeht.
Man könnte also fast Dart auf eine Bayern-Karte spielen. Aber irgendwie wird es in ganz Oberbayern preislich kaum besser, was das Verhältnis von A13 zu den Wohnkosten angeht. Einzig Berchtesgarden oder Bad Reichenhall wären hier aus besonderen Gründen denkbar, aber das Grenzgängerleben ist erstmal verdammt kompliziert und abschreckend. Da ich ursprünglich aus Hessen und auch eher vom Land als aus der Stadt komme, sind die Rhön und alles am Main, also eigentlich ganz Unterfranken auf den ersten Blick attraktiv.
Aber wo genau? Und in welcher Reihenfolge Schulen angeben? Ich bin ziemlich unschlüssig. Ich mag kleinere Schulen, könnte mich aber auch gut als Seminarlehrer vorstellen, was nur in Würzburg oder Schweinfurt evtl. irgendwann möglich wäre. Ich bringe spezielle MINT- und IT-Expertise mit, fühle mich aber auch gerade an einem rein humanistischen Gymnasium sehr wohl…
Vielleicht muss es doch der Zufallsgenerator richten und am Ende entscheidet ja in Bayern ohnehin das Ministerium nach Bedarf, ob und wenn ja wohin ich denn versetzt werden könnte. Es werden auf jeden Fall spannende Wochen bis zum Schuljahresende.

Elternzeit und Schule – ein Brennglas auf den Personalmangel

Schreibtisch vor der Elternzeit

So, jetzt ist es soweit: ich habe meine Schreibtisch in der Schule aufgeräumt, jede Menge Klassenübergabegespräche geführt und die letzten Schulaufgaben soweit möglich an die Respizienz gegeben. Warum? Weil ich nun etwas mehr als zwei Monate in Elternzeit und damit raus aus der Schule bin. Mit Blick auf die schon wieder steigenden Fallzahlen, die damit verbundenen erhöhten Fehlzeiten von allen Beteiligten und die nervige Diskussion um Abschaffung der Maskenpflicht im Klassenraum gefühlt gerade ein guter Zeitpunkt. Aber darum soll es nicht gehen, sondern ich möchte vielmehr deutlich machen, dass die Mangelverwaltung im Bildungsbereich gerade hier bei der Elternzeit deutlich zu Tage tritt.
Zunächst mal kommt eine Elternzeit ja im Gegensatz zu einem krankheitsbedingten Ausfall nicht überraschend, sondern ist dem Kultuministerium und der Schulleitung schon mit einigem zeitlichen Vorlauf (mind. 7 Wochen, in der Regel eher deutlich mehr) bekannt. Idealerweise müsste dann einfach das Ministerium eine Lehrkraft aus der mobilen Reserve mit der passenden Fächerkombination für die Zeit an die Schule schicken, die die Klassen und den Unterricht komplett übernimmt (was gerade bei einer vollen Stelle ja eigentlich genau passt). Dies würde zur minimalst möglichen Belastung für die sonstige Schulgemeinschaft führen. Aber leider passiert das nicht. Warum nicht? Ich habe keine Ahnung, das fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich und Einblick und Entscheidungshoheit hat hier am Ende wohl eh nur das Kultusministerium. Aber ich gehe mal stark davon aus, dass der Pool der mobilen Reserve für sowas einfach viel zu leer ist, gerade auch mit Blick auf Physik. Was passiert stattdesssen (weil externe Vertretungskräfte natürlich auch praktisch nicht zu bekommen sind in Physik): Es muss im eigenen Kollegium händeringend nach Möglichkeiten gesucht werden, die ausfallenden Lehrerstunden irgendwie zumindest zum großen Teil zu kompensieren. Es müssen also Kollegen zusätzlich zu ihren normalen Stunden und Klassen weitere Stunden und Klassen übernehmen. Gerade in einem kleinen Kollegium oder in einer kleinen Fachschaft ist das wirklich eine Herausforderung und sicher eine größere Belastung. Damit ist dann auch ein komplett neuer Stundenplan für alle von Nöten, damit das überhaupt irgendwie funktioniert. Man verursacht so also gefühlt die maximal mögliche Zusatzbelastung für das eigene Kollegium, was ja durch Corona und nun auch evtl. Willkommensklassen usw. eh schon am Limit oder weit darüber hinaus ist, sodass z.B. Schulentwicklungsaufgaben rein aus Belastungsgründen nur noch nebenher auf Sparflamme laufen können. Da hilft es auch kaum, wenn mal als derjenige, der in Elternzeit geht, alles so gut wie möglich vorbereitet und z.B. dafür sorgt, dass zumindest keine Schulaufgaben in dem Zeitraum geschrieben werden müssen usw. Irgendwie könnte man ja fast ein schlechtes Gewissen bekommen in diesem System überhaupt in Elternzeit zu gehen, auch wenn das hier natürlich völlig unangebracht ist.
Bei all dieser „Zusatzarbeit“, die durch meine Elternzeit für das Kollegium entsteht, kann ich aber erfreulicherweise sagen, dass mir es gefühlt an meiner Schule wirklich niemand übel nimmt, dass ich in Elternzeit gehe, sondern ich von vielen Seiten höre, dass ich die Zeit mit meinem Kind genießen soll. Dies ist aber vermutlich auch nicht in jedem Kollegium und an jeder Schule so, was dann noch eine zusätzliche Belastung für alle darstellen würde.
Kurz: Obwohl die Elternzeit von Lehrkräften ja grundsätzlich mit einigem Vorlauf von Seiten der übergeordneten Personalverwaltung gut einzuplanen wäre, passiert da aus meiner Sicht viel zu wenig. Dies mach deutlich, dass personalmäßig einfach schon heute und auch am Gymnasium eine Mangelverwaltung herrscht, was zu einer zusätzlichen Belastung aller anderen Lehrkräfte führt. Auch macht es deutlich, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Schule nicht immer ganz so leicht ist, wie es vielleicht auf den ersten Blick scheint.

Toolbox für den NaWi-Unterricht – ONCOO

Digitale Werkzeuge spielen im naturwissenschaftlichen Unterricht eine immer größere Rolle. Allerdings schafft man es alleine kaum noch einen Überblick über alle Möglichkeiten und Weiterentwicklungen zu behalten. Wie gut, dass sich ein großes Team von Fachdidaktiker und digital affinen Lehrkräften unter der Führung der Joachim Herz Stiftung zusammengetan hat und schon 2018 eine Toolbox herausgegeben hat, die hier für Lehrkräfte einen guten Überblick gab und zum konkreten Ausprobieren einlud und anleitete. Aber die digitale Welt ist natürlich schnell und es kommen laufend neue Möglichkeiten hinzu, sodass es sehr zu meiner Freunde jetzt sowohl eine Aktualisierung der ersten Toolbox gibt, als auch ein zweiter Band der Toolbox erschienen ist.
Nachdem ich im ersten Band einen Beitrag zu Audience Responce Systemen geschrieben habe, findet sich in Band 2 ein Beitrag über das wunderbar bodenständige Tool ONCOO von mir. Das Tool ermöglicht ganz nach dem Motto „Aus der Schule für die Schule“ relativ einfach die digitale Unterstützung von kooperativen Lernmethoden wie Kartenabfragen, Lerntempo-Duett oder Platzdeckchen, bietet mit der Zielscheibe aber auch ein sehr flexibel einsetzbares Tool für Evaluation und Reflexion.
Am vergangenen Montag gab es dazu auch eine von der Joachim Herz Stiftung organisierte Online-Lehrerfortbildung, an der ich nicht nur teilnehmen, sondern auch einen der 14 Kurzimpulse über das von mir vorgestellte Tool machen durfte. Es war schön mal wieder eine überregionale Lehrerfortbildung aktiv mitzugestalten und in den Austausch zu kommen, da man sonst im Schulalltag immer nur in kleineren Kreisen über solche Dinge spricht (da fehlt mir manchmal das Unileben mit den Tagungen).
Die Folien der Präsentation gibt es hier zum Download:

MNU-Bundeskongress 2021

Heute habe ich nach längerer Auszeit (unter anderem durch den Ausfall einiger Präsenzfortbildungen im letzten Jahr) mal wieder einen Vortrag bzw. sogar 1 1/2 Vorträge auf einer Tagung/Lehrerfortbildung gehalten, nämlich auf dem MNU-Bundeskongress, der eigentlich in Berlin hätte stattfinden sollen, diesmal aber natürlich rein digital stattgefunden hat. Und ich musste feststellen, dass ich das evtl. wieder etwas regelmäßiger tun sollte. Warum? Weil ich glaube, dass ich nicht nur einige Ideen zur Arbeit mit meiner eigenen Lernumgebung zu Elektronenbahnen und zu der Arbeit mit LEIFIphysik.de an Kollegen weitergeben konnte, sondern auch weil ich dabei selbst neue Ideen, neue Hinweise und Input bekommen habe, wie das Angebot noch besser werden könnte. Ich weiß zwar noch nicht, wann ich Zeit finde die Anregungen aufzunehmen, aber das findet sich schon.
Auch wurde mir in beiden Vorträgen bewusst, wie langsam sich „neue“ Angebote in Lehrerkreisen rumsprechen, sodass man einfach immer wieder auf Angebote und Möglichkeiten aktiv hinweisen muss. Dass soll keine Kritik an den Lehrkräften sein, sondern ist einfach dem System geschuldet, in dem Fortbildungszeit begrenzt ist und im Alltag wenig Zeit bleibt, um links und rechts einen Überblick in allen Themenfeldern zu behalten. Um so mehr werde ich versuchen verschiedene Dinge wieder des Öfteren zu präsentieren und zur Diskussion zu stellen. Vielleicht schaffe ich es dann ja irgendwann auch mal einen vertiefenden Workshop zu gestalten, der sich nicht nur auf die Inhalte meiner Lernumgebung fokussiert, sondern der sich eher um kreative Ideen beim Einsatz konzentriert. Hierüber kann man sich sicher mit Kolleg sehr gut austauschen, sodass am Ende alle neue Ideen zum Ausprobieren mitnehmen. Im Vortrag heute hatte ich dazu leider zu wenig Zeit und ein Vortrag ist eigentlich auch nicht die richtige Form dafür.
Weiter habe ich natürlich auch verschiedenen Beiträgen gelauscht, die alle echt interessant und spannend waren. So habe ich zum einen interessante Ideen und Konzepte zur Förderung digitaler Kompetenzen von Lehramtsstudierenden gehört, zum anderen auch fächerübergreifende Ideen aus der Bionik für den Unterricht.
Fazit: Ich muss auch noch mehr Zeit für Vorträge und Fortbildungen finden 🙂

Die Folien zu meinem eigenen Vortrag gibt es hier:

Die ersten Wochen als Klassenlehrer

Zu den Tätigkeiten, die man als fertiger Lehrer als aller erstes lernen muss, zählt definitiv der Job als Klassenlehrer. Im Referendariat unterrichtet man zwar bis zu 17 Stunden, aber ist von einigen administrativen Dingen befreit und damit u.a. auch vom Dasein als Klassenlehrer. Macht natürlich auch total Sinn, weil man während dem Ref genug andere Baustellen hat. Das macht es aber anschließend um so spannender! Und ich muss mal wieder sagen, dass ich es definitiv gut getroffen habe, weil alles gut organisiert ist, die Kommunikationswege sind kurz und oft sehr schnell und dazu ist man ja nicht alleine, sondern hat noch eine zweite Klassenleitung, die mich gerade am Anfang dankenswerterweise super unterstützt hat und immer ein offenes Ohr für meine Fragen hatte.
Zu den Vorteilen des Prinzips der Einzelstunden gehört dann aus Klassenlehrersicht, dass ich meine Klasse wirklich jeden Tag in der Woche sehe. Ich fühle mich also sehr nahe dran am Geschehen und kann viele Dinge gut im Auge behalten. Ich habe einen guten Überblick über Fehlzeiten, bekomme Konflikte meist relativ schnell mit und merke aber auch, wenn die Lerngruppe irgendwie gestresst oder mit Corona und den Folgen daraus beschäftigt ist. Leider ist man aktuell sehr eingeschränkt, was wechselnde Sitzordnungen, Gruppen- und Teamarbeiten usw. angeht, sodass das Gruppenfeeling manchmal noch etwas kurz kommt, aber trotzdem kenne ich meine Schüler inzwischen schon ganz gut und meine Schüler kennen mich ganz gut, sodass sie auch wissen, was sie im Unterricht bei mir erwartet. Das bedeutet auch, dass ich inzwischen keine unlösbaren Probleme und Herausforderungen mehr sehe, wenn wir mal wieder in eine Phase mit geteilten Klassen kommen. Das war im vergangenen Frühjahr anders, da ich da gerade meine Klassen neu bekommen hatte und nach zwei bis vier gemeinsamen Unterrichtsstunden hat man noch keine gemeinsame soziale Basis auf der man gut und motiviert ins Distanzlernen starten kann. Dies ist jetzt definitiv anders.
Den ersten Klassenelternabend als Klassenlehrer habe ich auch gut überstanden – und das direkt in Hybridform. Lief gut, war spannend und ich hoffe, ich habe die Eltern nicht mit zu vielen Infos überfahren. Aber ich denke, dass passt schon, auch wenn ich im Nachhinein ein paar Dinge verändern würde – aber mit der Hybrid-Version gab es eben noch keinerlei Erfahrungen im Haus. Insgesamt erscheint mir die Arbeit mit den Eltern grundsätzlich sehr positiv und konstruktiv zu sein. Ich hoffe das bleibt so, auch wenn irgendwann mal ein paar Probleme auftauchen und es gilt gemeinsam Herausforderungen anzugehen.
Weiter ist aktuell natürlich noch völlig offen und unklar, ob es denn Ende des Schuljahres eine Klassenfahrt gibt, wie es das Fahrtenkonzept eigentlich vorsieht. Auch hier lasse ich mich einfach mal überraschen und falls sie stattfindet, dann bin ich tierisch gespannt.
Auf jeden Fall macht mir auch der Job als Klassenlehrer bisher Spaß. Klar es ist Arbeit und Papierkram, aber die intensive Arbeit mit der Klasse taugt mir!